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Zu „Allein in der Sauna“:

Schick mit Schlappen und Bademantel

Overath:Es ist Freitagabend, 19.15 Uhr. Nach und nach füllen sich die Plätze in dem kleinen „Theater“ in Overath. Mollig warm ist es. Aus den Lautsprechern zwitschern exotische Vögel. Es gibt kein Stühlerücken und kein mühsames Aus-der-Jacke-Schälen, denn die Hüllen haben die Theatergäste zuvor in der Umkleidekabine fallen lassen. „Allein in der Sauna“ heißt das Stück. Das passt – trotz der 50 Zuschauer im Ruheraum der Overather Aggersauna.

Ein Blick unter die Stuhlreihen eröffnet eine eindrucksvolle Modellvielfalt an Badeschlappen. Darüber Variationen in Frottee. Man zeigt Haut und Haar. Das ist so in der Sauna. Dass die Körperkultur mit Kleinkunst verbunden wird, ist jedoch ziemlich einzigartig.

„Es ist schwierig, Alleinstellungsmerkmale zu kreieren“, sagt der Vorsitzende Jörg Eylert. „Wir wollen eine Plattform schaffen, die mehr bietet als den reinen Gesundheitsaspekt.“ Dazu gehören Lesungen, Vernissagen und eine 24-Stunden-Saunanacht mit Buffet und Cocktails. Seit der Verein vor zwei Jahren die Sauna vor der drohenden Schließung durch die Stadt bewahrte, steigen Mitglieds- wie Besucherzahlen konstant an.

Jetzt also Theater. Die Idee kam Eylert, nachdem er das Stück „Der Sauna-Gigolo“ im Theater Sieglar gesehen hatte. Dessen Chef Christian Schäfer ist zur Premiere gekommen, aber den Sauna-Gigolo hat er nicht mitgebracht. „In dem Stück spielen bis zu neun Personen mit“, sagt er. „Dann noch Technik und Bühne – das wäre hier nicht gegangen.“ Doch Jörg Eylerts Idee hatte ihn gepackt, und er ging auf die Suche. Fündig wurde er bei René Böttcher, Leiter der Studiobühne Siegburg, und seinem Solostück „Allein in der Sauna“. Böttcher kam, sah und sagte zu. Sein Bühnenbild ließ er zu Hause. Das hier ist Reality-Comedy. Authentischer geht’s nicht.

In der ersten Reihe sitzt Horst Scholtysek. Seine Krücken hat er an den Rand gelehnt. Vor einem Jahr ist er vom Baum gefallen, eine neue Hüfte bekommen. „Seither war ich nicht mehr hier“, sagt er. Er fehlt, denn er ist der Sänger in der Sauna. Zumindest immer mittwochs, denn da ist „gesellige Sauna“. Auch die gehört zum Konzept. „Es soll an diesem Tag bewusst kommuniziert werden“, sagt Jörg Eylert. „Inzwischen ist der Mittwoch der umsatzstärkste Tag.“ Das Konzept kommt an. Auch bei Scholtysek. „Früher musste man hier immer die Schnüss halten“, sagt er. Und zu essen bringe auch jeder etwas mit. „Wurst, Käse, alles“, sagt er. Wie eine große Familie sei das, und an Karneval im Kostüm. Klar. Nein, nicht klar. Was bitte trägt der Karnevalist in der Sauna? „Rote Nase“, sagt Scholtysek. Ums Gucken geht es dann bei René Böttcher alias Kalle König. Warum er allein in der Sauna ist, erklärt ihm sein fernbleibender Freund am Telefon: „Mittwoch ist Männertag, da macht Sauna keinen Sinn.“ Frustriert sinniert Kalle über sein Leben und die Dinge, die Männer von Frauen unterscheiden. Ein heißer Aufguss für die Lachmuskeln. Der Programmflyer dient als Fächer.

Nach dem Schlussapplaus werden die Gürtel der Bademäntel festgezurrt und die Stuhlreihen wieder durch Liegestühle ersetzt. Die Gespräche kreisen um Männer und Frauen, um Theater und Kino, um Hölzchen und Stöckchen. Es ist zwar Freitag, aber heute ist eindeutig „gesellige Sauna“.

Und wer immer noch nicht glaubt, dass Kleinkunst im Bademantel ein Erfolgsrezept ist, dem sei folgender kleiner Tipp verraten: Nirgends sonst lassen sich im Theater so verlässlich die besten Sitzplätze reservieren – schließlich hat man ein Handtuch dabei.

, Karin Grunewald, Bergische Landzeitung am
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