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Zu „Norway Today“:

Vor dem Selbstmord Brötchen schmieren

Das Thema vom Theaterstück ist düster, die Inszenierung dagegen gar nicht: Julie (Julia Stiller) und August (Jonas Herkenhoff) verabreden sich zum Selbstmord. In einem Chatroom schreiben sie, beschließen, in Norwegen von einer Klippe zu springen. Alles ist geplant, Zelt und Proviant gepackt, der Entschluss scheint endgültig.

"Was ist überhaupt echt hier?" will August zu Beginn von Igor Bauersimas Stück "Norway.Today" wissen. Für ihn ist alles in der Welt gestellt und voll von Lügen. Nur wenn er rennt, seinen Atem und seine Schritte hört, fühlt er sich lebendig. "Aber man kann ja nicht immer rennen", erklärt er seine Entscheidung zum Selbstmord. Auch Julie fühlt, dass sie nicht in die Gesellschaft passt, sieht sich in eine Rolle gezwängt. Sie möchte fliehen, aber eben nicht allein. "Das ist kein plötzlicher Entschluss, ich habe lange nachgedacht", beteuert sie. Sie behauptet, schon alles erlebt, alles gesehen zu haben, sei es auch nur im Fernsehen oder Internet.

Die Umsetzung des sperrigen Themas ist gut gelungen- und amüsant. Wenn August Julie im Chat schreibt: "Sterben? Ja, hab ich auch vor, ich komme mit- soll ich belegte Brötchen schmieren?" - dann wirkt das auf tragische Weise komisch. Beide Jugendlichen hängen am Leben, scheinen aber ihre Gründe gefunden zu haben, es zu beenden. Sie philosophieren, hinterfragen, mal emotional, mal bissig-ironisch, streiten und vertragen sich. Das Leben scheint sie einzuholen, und die Frage, warum sie sich zum Selbstmord getroffen haben, wir immer drängender.

Die beiden Schauspieler haben gleich zwei Herausforderungen zu meistern: Auf der einen Seite müssen sie die empfindsamen Charaktere und das heikle Thema mit Fingerspitzengefühl umsetzen. Zum anderen tragen sie fast durchgängig dicke Ski-Anzüge - spielt doch die Handlung an Norwegens Fjorden.

Regie führte René Böttcher, Leiter der Studiobühne. "Das Stück ist sehr aktuell", sagt Böttcher. "In einer Zeit, in der Jugendliche weniger Gefahren als den Generationen vor ihnen ausgesetzt sind, scheinen viele von ihnen nicht richtig ins Leben zu gehen, alles bleibt an der Oberfläche." Und vor eben diesen Problemen stehen auch die beiden Protagonisten.

 

 

, Marie Eckert, Rhein-Sieg Rundschau am
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