Presse

zurück

Zu „Odyssee | 4 Mal Leben“:

Packende Collage aus zwei jungen Leben

Siegburg. "Deutschland ist wie eine Orange", erklärt Mohammed Mohammed in der Studiobühne. "Wenn du sie aufgerissen hast, sieht sie innen ganz anders aus." Der Ägypter (20), der aus seiner Heimat geflüchtet ist, lebt seit Herbst 2015 in einem Siegburger Übergangsheim - ebenso wie Sarah AlHalabi (18), die mit ihrer Familie aus Syrien geflohen ist. Als Kinder hatten sie Träume, wollten Tänzerin oder Fußballer werden. Eines haben sie sich nicht träumen lassen: als Jungschauspieler auf einer Bühne im Rheinland zu stehen und ihr Leben zu erzählen.

Um so erstaunlicher ist es, welche Präsenz die beiden in der Produktion "Odyssee - 4 Mal Leben" entwickeln. Mit ihren deutschen Kollegen Marana Hartock und Marian Hentschel, beide Absolventen der Schauspielschule der Studiobühne, bieten sie eine packende Collage zum Thema Flucht. Es spricht für die Inszenierung von Regisseur Bardia Rousta, der dieses biografische Projekt mit dem Quartett erarbeitete, dass es kein Gefälle zwischen Jungprofis und Amateuren gibt.

Wenige Requisiten zaubern Atmosphäre auf die Bühne: Zwei Dutzend Koffer wandern nicht nur als Gepäckstücke von Hand zu Hand, sondern verwandeln sich auch in eine Liege zum Schlafen, ein Zugabteil oder einen Schutz vor Bomben. Aufgeklappte Koffer sind auch Projektionsfläche für Dokumentaraufnahmen, die die Erzählungen der Geflüchteten beklemmend grundieren. Zerstörte Stadtteile, Terror auf den Straßen, prügelnde Polizisten, blutende Demonstranten sind fast ein gewohnter Anblick in den Fernsehnachrichten. Doch diese Präsentation bricht Sehgewohnheiten auf. Verzahnt sie sich doch mit den Erzählungen zweier junger Menschen, die diese Gewalt selbst erlebt haben und die sich mit ihrem Charme ins Herz des Publikums spielen.

Ein relativ sorgenfreies Leben haben sie geführt, nachgedrehte Spielfilmsequenzen und witzige Zeichnungen zeigen Raufereien mit dem besten Freund, die Rockband im Keller oder kindliche Versuche, aus Gräsern und Wasser Parfüm herzustellen. Als Heranwachsender aber merkt Mohammed, dass eine "wichtige Sache" fehlte: die Freiheit, für die der Vater auf die Straße ging. Mohammed hat erlebt, wie sein bester Freund erschossen wurde, wie Menschen verbrannten.

"Wir hatten ein schönes Haus" berichtet Sarah, aber mit dem Kriegsbeginn in Syrien verwandelte es sich in eine Gruft. "Das Leben in Damaskus war wie auf einem Friedhof." Auf Arabisch berichten die beiden von ihren Erlebnissen, die Kollegen übersetzen. Manchmal probiert die oder der andere die andere Sprache in einzelnen Sätzen aus. Auch wenn man kein Arabisch versteht, wird die Botschaft klar. Unwillkürlich versucht der Zuschauer sich einzufühlen in die fremde Sprache.

Spielsequenzen, die Gewalterfahrung und Flucht illustrieren, sind dezent eingebunden, so dass die Zuschauer das Geschehen gebannt verfolgen. Kein Zweifel, dass diese gelungene Aufführung auch für Schulen geeignet ist, die dieses Stück unter 0 22 41/2 61 51 41 buchen können. 

, Annette Schroeder, Kölner Stadt-Anzeiger am
zurück