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Zu „Balkonszenen“:

Zwischen Zirkus und Seifenoper

John von Düffels "Balkonszenen" feiern Premiere auf der Studiobühne

Der beste Platz auf einer Party ist die Küche oder vor der Tür, wo man sich zum Luftschnappen, alternativ auf eine Zigarette und zum Small Talk trifft. Oder eben auf dem Balkon. Und genau da spielt das Theaterstück von John von Düffel, das am Donnerstagabend Premiere auf der Studiobühne feierte - gespielt vom Absolventenjahrgang der Schauspielschule Siegburg. "Eine Party ist eigentlich gedacht als Zusammentreffen von Menschen, die sich endlich wiedersehen, austauschen und eine gute Zeit haben", sagt René Böttcher, neben Maike Mielewski Leiter des kleinen Zimmertheaters und Regisseur der Inszenierung. Doch in Wirklichkeit komme man zu nichts. Nicht zum Essen, nicht zum Reden und schon gar nicht zu einem Tête-à-tête. Auf der Bühne, die den Balkon mit durch Licht angedeutetem Ein- und Ausgang darstellt, geht es zu wie im Taubenschlag. Die Gäste der Party, die in vollem Gange ist - was durch Musikeinblendungen und Gesprächsfetzten suggeriert wird - sind nicht nur äußerlich schräge Vögel, sondern auch von ihren Charakteren her. Die Protagonisten wirken hochgradig überdreht und doch mitten aus dem Leben. Die Konversation ist zum Teil haarsträubend und ebenso witzig, wenn Sätze fallen wie "Du bist die Bremsspur des Abends, wenn ich mich mit dir unterhalte denke ich, ich steh im Stau." Oder wenn das Paar sich fetzt, und sie sagt: Ich komm zu dir als Weintraube und gehe als Rosine." Irgendetwas zwischen Soap-Opera und Zirkus mit dem Balkon als Zentrum der Welt sei das Stück, meint Böttcher. Das Thema sei "die Vereinzelung des Menschen", der nur noch mit sich selbst beschäftigt sei, nicht frage und nicht zuhöre. Auf den Punkt bringt das eine Frau, die nach einem versuchten Gespräch zu ihrem Gegenüber sagt: "Es war nett an Ihnen vorbeizureden." Und der Höhepunkt der Gleichgültigkeit: Am Ende gibt es auch noch einen Toten. Was soll's? Ein großes Kompliment an die Darsteller, die derzeit auch spielfreudig in der rasanten Komödie "Wochen-end-Affären" zu sehen sind. Jeder überzeugt vollends in seiner Rolle. Genüsslich und lustvoll zelebrieren alle zusammen das völlige Scheitern der Menschheit.

, Paul Kieras, General-Anzeiger Bonn am
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