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Zu „Liebe Satt“:

Von Herzen

"Liebe satt" ist ein durchaus passender Titel für einen Liederabend, bei dem sich alles um das wohl schönste Gefühl der Welt dreht. Wenn aber ein René Böttcher als Urheber hinter der Idee und den kommentierenden Überleitungen steht, weiß der Dauergast der Siegburger Studiobühne, dass zum Seziermesser gegriffen wird. Schließlich muss in solche Tiefen vorgedrungen werden, ab denen ein Thema erst seine richtige Würze erhält. Das macht er mit tausend Gesichtern, spottend, verachtend, verliebt, melancholisch, verzweifelt, draufgängerisch und augenzwinkernd - aber nie vulgär oder obszön. Und der Theaterchef packt viele seiner Talente aus, nimmt singend, mimisch oder Kontrabass spielend die Bühne und das fortwährend kichernde, lachende und vor Vergnügen glucksende Publikum für sich ein.

Im voll besetzten Haus kann wirklich viel gelacht werden. Dabei habe sich die Ideenfindung für den Nach-Corona-Neuanfang zunächst in die Länge gezogen, berichtet Theaterchef und Hauptdarsteller Böttcher.

Von Knef bis Farin Urlaub

Bei der Liebe sei man schnell gewesen, doch für das Wie der Umsetzung hätten Einfälle gefehlt. Googeln habe nicht viel geholfen, erinnert er sich. Suchergebnisse wie "Supermarkt liebt Lebensmittel", "Landliebe" oder "Liebe deinen Nächsten, aber lass dich bloß nicht erwischen", sind zunächst nicht hilfreich.

"Widerspruchsfrei" sei man letztlich beim Lied gelandet. Die Stücke, die Böttcher, der einfühlsam und brillant agierende Pianist Martin Eng sowie Drummer David Lenz aus dem weltweiten Liebeslieder-Vorrat hervorzaubern, sind ein Füllhorn voller Herz und Schmerz. Dabei interpretiert Böttcher Hildegard Knefs Wiegenlied "Doch hör' nicht auf mich" ebenso innig, wie er das "Fiasko" der Ärzte in wildester Farin-Urlaub-Manier in den Raum brüllt oder mit typischem Robbie-Williams-Belting dessen "Feel" schmettert. Genüsslich vollzieht Böttcher das Spiel mit Zweideutigkeiten, etwa mit einer Liedzeile wie: "Wenn du beim Ausritt die Augen schließt, lenke ich." Wissenschaftlich gar demonstriert Tausendsassa Böttcher die den Sex beeinflussenden Prozesse der Neurotransmitter. Die Schmetterlinge erwachen demnach im Bauch, saugen mit langen Rüsseln das Glückshormon Serotonin auf und machen sich auf den Weg durch den Körper bis in den Magen. Wo sie zu flattern beginnen, um ja nicht dem Darm zu nahe zu kommen, weil ja dann die Liebe im A... ist.

Fesselnde Lichtchoreografie

Dazwischen gibt es ausdrucksstarke, die Gefühle in den Sitzreihen verdichtende Lieder. Alle mit staunenswerter Intonation von Böttcher inszeniert, von den beiden Kollegen perfekt begleitet und von einer fesselnden Lichtchoreografie unterstützt. Da passt auch "Da, Da, Da" von Trio, das mit exakt 45-maliger Buchstabenfolge L-I-E-B das Kernthema so intensiv zementiert und auch einem Stephan Remmler gefallen hätte. Lieder wie "Ich bin so wild auf deinen Erdbeermund" (Lissat & Düse) und "I Was Made For Lovin' You" (Kiss) begeistern ebenso wie die Interaktion mit den Gästen.

Diese sollen auf Zettel ihre Assoziation zur Liebe schreiben. Das Ergebnis ist so vielfältig wie das Thema an sich. Wobei "Wahrheit" mit zustimmendem Kopfnicken und "Ahas" zur Kenntnis genommen wird, "Kölsch" nicht fehlen darf und "Düsseldorf" für Brüller sorgt.

Strahlende und glückliche Gesichter sieht man nachher am Ausgang. Böttcher hat sein Ziel erreicht und die Gäste auf dem Nenner "Liebe" vereint.

, Peter Lorber, Kölner Stadt-Anzeiger am
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