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Zu „Dantons Tod“:

Übermacht des Kapitals

SIEGBURG. Mit seiner Inszenierung von "Dantons Tod" nach Georg Büchner und Nuran David Calis auf der Studiobühne Siegburg schlägt Regisseur Bardia Rousta eine Brücke aus dem 19. ins 21. Jahrhundert. Seit 1835 habe sich nichts verändert, alles, was man sich durch die Revolution erhofft habe, sei bis heute nicht erreicht. Voller Einsatz: Bis zur Erschöpfung verausgaben sich die jungen Schauspieler und überzeugen ausnahmslos in ihren bedrückenden Rollen.

Auch aktuell gelte: "Egal, welchem Menschen du Macht gibst, er wird sie missbrauchen", so Rousta. Büchner beschreibt, wie aus Kampfgefährten Todfeinde werden. Robespierre bringt Danton aufs Schafott, der Revolution folgen Diktatur und Terror.

Danton, einst Initiator der Revolution, ist müde geworden, allerdings nicht aus moralischen oder ideologischen Gründen, sondern weil ihm die Brutalität der Revolutionäre, mit der sie sich seiner Meinung nach von den gemeinsamen Zielen entfernt haben, zuwider ist. Er widmet sich dem Hedonismus.

Für Robespierre, der Askese predigt, begeht er damit Verrat. Rousta nimmt den Machtkampf bei Büchner auf, ohne dessen Sprache zu verfälschen, und fragt: "Was ist aus der Revolution und ihren sozialen Errungenschaften geworden? Wo sind die Ideale der Solidarität, des Humanismus oder des Respekts? Wir leben in einer Zeit, in der das Kapital entscheidet, in der die Politik vorgibt, demokratisch zu sein, und die Menschen in der Illusion leben, die Wahl zu haben."

Als Beweis für seine These führt der gebürtige Iraner die "68er Generation" an, die weitaus schlimmere Zustände geschaffen habe, als sie vor dem "Marsch durch die Institutionen" bestanden. Der Regisseur zeichnet ein düsteres Bild vom Kapital, das in seiner Übermacht alle sozialen Errungenschaften zunichte gemacht habe.

Er möchte wissen: "Was geschieht mit denen, die nicht mitmachen oder sich sogar auflehnen?" Rousta hält die Zeit wieder "reif für eine neue Revolution", für einen Neubeginn. Aber die, die einen solchen "Aufstand" initiierten, dürfen anschließend - so die Lehre der Geschichte - nicht zu "Strippenziehern" werden.

Für "Dantons Tod" hat Bardia Rousta acht Schüler der Schauspielschule ausgewählt, die ihren jeweiligen Part mit vollem Körpereinsatz bis zur Erschöpfung und absolut überzeugend spielen. Die karge Bühnenausstattung besteht aus einem transparenten Kunststoffvorhang, hinter dem die Akteure nach ihrem jeweiligen Auftritt verschwinden und regungslos verharren.

Auf diesen Hintergrund werden immer wieder Filmausschnitte projiziert, die das Aufeinandertreffen von Demonstranten und Polizei zeigen und mit den Texten der einzelnen Grundgesetzartikel unterlegt sind.

Bardia Rousta weist auf Missstände hin, provoziert und macht dennoch Hoffnung. Ein Theaterabend, der berührt, zum Nachdenken anregt und Aufforderung zur Rückbesinnung auf Werte ist.

, Paul Kieras, General-Anzeiger am
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