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Süskinds "Kontrabass" mit ausverkaufter Premierekkkkk
SIEGBURG. Der Siegburger René Böttcher brilliert in Patrick Süskinds tragikomischem Theaterstück „Der Kontrabass“. Der Schauspieler meistert den 90 Minuten langen Monolog des Einpersonenstücks mit Bravour.
13 Jahre nachdem der Leiter der Studiobühne, René Böttcher, das Einpersonenstück „Der Kontrabass“ von Patrick Süskind selbst aufgeführt hat, ist er nun wieder in der Rolle des Kontrabassisten zu sehen. Am gestrigen Freitag war Premiere vor ausverkauftem Haus. 90 Minuten lang hält der Musiker, Mitglied des Staatsorchesters, einen Monolog über seinen Seelenzustand, seine Hassliebe zu seinem Instrument, „das scheußlichste, plumpeste, uneleganteste Instrument, das je erfunden wurde. Ein Waldschrat von Instrument, das aussieht wie ein fettes altes Weib.“ Andererseits prahlt er, „dass ein Orchester jederzeit auf den Dirigenten verzichten kann, aber nicht auf den Kontrabass.“ Aber: „Das Spielen ist reine Kraftsache, mit Musik hat das erst einmal nichts zu tun.“ Und beachtet werde ein Kontrabassist auch nicht.
Der Protagonist des Stücks denkt über sein Leben, seine Erwartungen und Wünsche nach, hegt Fluchtgedanken aus der Tristesse, begehrt auf und duckt sich sofort wieder weg. Er ist viel zu eingefahren, um sein Leben zu ändern. „Ich bin total angepasst, das macht mir Angst“. Er könne zwar kündigen, aber dann stünde er auf der Straße, stellt er klar. „Können Sie mir sagen, wieso ein Mann Ende Dreißig, nämlich ich, mit einem Instrument zusammenlebt, das ihn permanent behindert? Menschlich, gesellschaftlich, verkehrstechnisch, sexuell und musikalisch nur behindert“, fragt er das Publikum. Dazu kommt auch noch, dass er sich unsterblich in die Mezzosopranistin Sarah verliebt hat, die seine Zuneigung nie erwidern wird. Sie bemerke ihn nicht einmal, obwohl er „eklatant schön gespielt“ habe. Der 39-Jährige fasst den Plan, beim Giulini-Gastkonzert am Abend sein Leben zu verändern und spektakulär „Sarah“ zu schreien. Mit dem Satz „Wenn ich mich trau. Sie können es ja morgen in der Zeitung lesen“, verabschiedet er sich vom Publikum. Süskinds Stück ist zeitlos. Es stellt die Frage nach dem Platz, den der Mensch in der Gesellschaft einnimmt oder einnehmen möchte, was er selbst ändern kann und ob er dazu überhaupt bereit ist. Der Kontrabassist sieht sich in der Hierarchie des Orchesters – und damit in der Gesellschaft – an letzter Stelle. „Ich erzeuge ein Geräusch, das benötigt wird“, schätzt er selbst seinen (Orchester-)Beitrag und damit den Beitrag zum sozialen Miteinander ein.
Der „Sarah-Schrei“ steht für einen Schritt, der schlagartig alles verändern würde. Süskind lässt das Ende offen. Böttcher verkörpert die tragikomische Figur zwischen jämmerlich und arrogant, selbstherrlich und zweifelnd, Selbstüberschätzung und Desillusion überzeugend, überschreitet trotz Slapstickeinlagen nie die Grenze zum Klamauk. Zum Schreien komisch die Szene, in der er die Beziehung zu seinen Eltern, deren Verhältnis untereinander und zu ihm gestenreich karikiert. Ein äußerst unterhaltsamer Abend zwischen Witz und Drama mit einem brillanten René Böttcher, der vor Spielfreude nur so strotzt.